Xiaomi: Wie ein 40-jähriger Quereinsteiger mit Kapital und Mut den chinesischen Smartphone-Markt umformte – und zur globalen Tech-Dynastie aufstieg
Xiaomi gehört zu den eindrucksvollsten Erfolgsgeschichten der Mobiltechnologie. Gegründet 2010 hat sich das Unternehmen in weniger als einem Jahrzehnt zu einem Technologieriesen entwickelt. In einer Zeit, in der der Smartphone-Markt zwischen Apple und Samsung aufgeteilt zu sein schien und einstige Giganten wie Nokia und BlackBerry an Boden verloren, schaffte Xiaomi das Unmögliche: In nur drei Jahren wurde es zum größten Smartphone-Hersteller in China. Heute ist Xiaomi mehr als ein Hersteller von Telefonen. Das Unternehmen produziert eine breite Palette von Tech-Produkten – von Laptops und Smartwatches bis zu Haushaltsgeräten und Smart-Home-Systemen. Was Xiaomi besonders auszeichnet, ist die Fähigkeit, hochwertige Produkte zu erschwinglichen Preisen anzubieten, sodass Millionen Menschen weltweit Zugang zu moderner Technologie erhalten. Lei Jun, geboren 1969 in Xiangtao, Provinz Hubei, ist das Gesicht dieser Erfolgsgeschichte. Sein Weg begann eher unscheinbar: Als durchschnittlicher Schüler, später Student der Wuhan-Universität. Der Wendepunkt kam, als ihm im ersten Studienjahr das Buch „Fire in the Valley: Die Geschichte der Personal Computer“ in die Hände fiel – eine Offenbarung über Apple und Microsoft, die ihn so stark inspirierte, dass er seine Lebensziele neu ordnete. Nach dem Abschluss arbeitete er bei Kingsoft, gründete 2000 die Plattform Joyo.com und sammelte Kapital durch Investitionen in Tech-Projekte wie UCWeb und YY.com. Am 6. April 2010 wurde Xiaomi Electronics offiziell gegründet, unterstützt von Temasek Holdings, IDG Capital und Qiming Venture Partners. Der Name Xiaomi bedeutet „Millet“ oder „Reiskorn“. MI im Logo steht für Mobile Internet. Das Gründerteam bestand aus acht Personen, darunter Lin Bin, ein enger Freund von Lei Jun, der zuvor bei Microsoft und Google gearbeitet hatte. Lei Jun zeigte, dass Gründeralter keine Rolle spielt: Mit 40 Jahren verfügte er bereits über solides Kapital und eine stabile Lebenssituation, angetrieben von dem Wunsch, etwas wirklich Innovatives zu schaffen. Die ersten Schritte zählten jedoch nicht zur Smartphone-Fertigung, sondern zur Entwicklung von MIUI, einem eigenen Android-basierten Betriebssystem. MIUI wurde am 16. August 2010 vorgestellt und gewann im ersten Jahr schnell Millionen Nutzerinnen und Nutzer.
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MIUI – Die eigene Android-Oberfläche als Sprungbrett zur Hardware-Revolution
Bevor Xiaomi Geräte herstellte, baute das Team eine eigene Android-Oberfläche: MIUI. Da Googles Android in China offiziell nicht frei nutzbar war, bot MIUI eine optimierte, funktionsreiche Alternative. Am 16. August 2010 wurde MIUI vorgestellt und gewann schnell eine riesige Nutzerbasis im ersten Jahr. Dieses Software-Ökosystem formte die Marke: Nutzerfeedback wurde direkt in Updates umgesetzt, wodurch eine engagierte Community entstand und Vertrauen wuchs. Das robuste Software-Ökosystem erleichterte später den Übergang in die Hardware-Welt, weil die Nutzer bereits eine starke Bindung zu MIUI hatten und Updates erwarteten. Der Erfolg von MIUI zeigte, dass Xiaomi mehr war als ein reiner Discount-Hersteller. Die Grundlage für den späteren Hardware-Erfolg war geschaffen: Eine globale Software-Plattform, die mit günstiger, effizienter Hardware kombiniert werden konnte.
Mi 1, Mi 2 und Redmi – Preis/Leistung, Blitz-Verkäufe und der Weg zur Massenmarke
Im August 2011 stellte Xiaomi das Mi 1 vor. Die Strategie: Dieselben Bauteile und Lieferanten wie Top-Marken nutzen, doch die Geräte deutlich günstiger verkaufen. Der Preis lag bei unter 300 US-Dollar. Das System der Flash-Verkäufe ermöglichte geringe Stückzahlen pro Tag, senkte Kosten und baute eine starke Beziehung zu den Kunden auf. In nur 34 Stunden verzeichnete Xiaomi 300.000 Vorbestellungen. 2012 folgte Mi 2: Es galt als das weltweit erste Smartphone mit Quad-Core-Prozessor, und der Preis blieb attraktiv. Die ersten 50.000 Geräte waren in weniger als drei Minuten ausverkauft; weitere 50.000 folgten über Leis Microblog in fünf Minuten. Innerhalb von 11 Monaten wurden über 11 Millionen Geräte verkauft. Die Mi-2S-Version übertraf zeitweise die gesamte Apple-Verkaufszahl in China. 2013 erweiterte Xiaomi sein Portfolio um Mi 3 und die Budget-Linie Redmi. Gleichzeitig stieg Xiaomi in den Fernsehermarkt mit Mi TV ein. In diesem Jahr wurde Xiaomi der fünftgrößte Smartphone-Hersteller in China mit 19 Millionen verkauften Geräten.
Wachstum über Grenzen: Singapur, Indien, Europa
2013 holte sich Xiaomi Hugo Barra ins Boot, ehemaliger VP von Google für Android-Produktmanagement, um die internationale Expansion zu leiten. Singapur war der erste Auslandmarkt, danach Indien – dort montierten sich die Geräte größtenteils vor Ort, während nur Bauteile importiert wurden. Danach folgten Malaysia, die Philippinen, Thailand und Indonesien. 2014 kletterte der Wert des Unternehmens auf rund 45 Milliarden US-Dollar. Über 11 Millionen Smartphones wurden im ersten Quartal ausgeliefert, und bis Jahresende übertraf die Gesamtlieferung 61 Millionen Geräte. Das Jahr brachte auch neue Produkte: Luftreiniger, Router, tragbare Ladegeräte, Mi TV 2 (49 Zoll), Mi Box Pro (4K) und der Mi Band 1-Fitness-Tracker für nur 13 Dollar; in den ersten 100 Tagen wurden mehr als eine Million Fitness-Tracker verkauft. Die Europäische Expansion begann 2016 mit dem ersten offiziellen Mi Store in Athen. 2018 festigte Xiaomi seine Präsenz in Europa durch eine Partnerschaft mit Three (UK, Dänemark, Irland, Österreich, Schweden). Heute ist die Produktpalette von Xiaomi in über 100 Ländern erhältlich.
Herausforderungen und Zukunft des Xiaomi-Universums
Anfang 2021 stand Xiaomi vor einer großen Hürde: Das US-Verteidigungsministerium setzte das Unternehmen auf die Liste chinesischer Organisationen, die möglicherweise dem Militär- oder Geheimdienstsektor zugeordnet sind. Das brachte potenzielle Beschränkungen für US-Finanztransaktionen und Vermögenswerte mit sich. Xiaomi zog vor Gericht in Washington und argumentierte, dass es keinerlei Beweise für Verbindungen zu chinesischen Geheimdiensten gebe. Am 12. März 2021 traf Richter Rudolph Contreras eine Entscheidung zugunsten von Xiaomi und erklärte die Anschuldigungen als unbegründet. In der Folge wurde das Unternehmen von der schwarzen Liste genommen. Die russische Marktgeschichte: 2014 plante Xiaomi den Einstieg in Russland; 2015 brachte das Tablet MiPad durch den Distributor Marvel-Distribution; der Marktstart misslang. Die offizielle Rückkehr nach Russland erfolgte 2016 – erster offizieller Distributor wurde Smart Orange; erste offizielle Smartphone-Modelle Mi 4C erschienen in großen Einzelhandelsketten wie Svyaznoy, Euroset, Eldorado, MediaMarkt, M. Video, Citilink und bei Netzbetreibern der großen Vier. 2017 fand die erste offizielle Xiaomi-Pressekonferenz in Russland statt, bei der drei Modelle vorgestellt wurden: Mi MIX, Mi Note 2 und Redmi 4X. Das Jahr wurde vom Vorstand als „Jahr Russlands“ erklärt. Erste Einzelhandelsstellen befanden sich in Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg und anderen Städten. Heute hat Xiaomi eine beeindruckende Vielseitigkeit: Die Marke bietet nicht nur Smartphones, sondern ein weites Ökosystem, das Laptops, Smartwatches, Haushaltsgeräte und Smart-Home-Technik umfasst. Es gibt auch Audio-, TV-, Haushaltsgeräte und sogar das Potenzial, Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Kerngeschäft bleiben Smartphones, die unter den Marken Xiaomi, Redmi und POCO hergestellt werden. Die Geschichte ist lang – und eine vollständige Darstellung würde ein ganzes Buch füllen. Danke fürs Lesen. Wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat, geben Sie bitte ein Like und abonnieren Sie meinen Telegram-Kanal.