Kostenlos fünf Jahre im New Yorker Hotel leben – und am Ende das Gebäude für sich beanspruchen: Die unglaubliche Chronik von Mickey Barretto
Im Herzen Manhattans thront das New Yorker, ein 1930er-Jahre-Skyline-Symbol mit tausend Zimmern und einer reichen Geschichte. Berühmt unter anderem dafür, dass Gäste wie Muhammad Ali und Nikola Tesla hier verweilten, wird die Immobilie durch eine andere Legende berühmt: Mickey Barretto, der Mann, dessen Ruhm nicht durch Talent, sondern durch eine waghalsige List entstand. Im Juli 2018 kam Barretto als gewöhnlicher Gast ins Haus, zahlte für eine Nacht und bezog Zimmer 1006. Er hatte eine stille, unaufdringliche Ausstrahlung – und offensichtlich eine äußerst kühne Idee im Kopf. Er studierte die Hotelregeln besonders den Abschnitt über die Rechte der Posten.
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Der stille Anfang: Ein gewöhnlicher Gast mit überraschendem Plan
Nach dem Auschecken beschloss Barretto, zu bleiben. Als der Gast verspätet abreisen würde, kam die Hotelleitung persönlich in den Flur. „Ich werde nicht ausziehen. Im Gegenteil, schlage ich vor, einen langfristigen Mietvertrag für dieses Zimmer abzuschließen,“ erklärte Barretto mit festem Auftreten – ein Satz, der den Manager sichtlich stutzig werden ließ. Der Manager reagierte zunächst skeptisch: „Mietvertrag? Das ist ein Hotel, kein Wohnhaus. Wir arbeiten so nicht.“ Barretto blieb jedoch entspannt. Er behauptete, gemäß den Stadtgesetzen habe ein längere Zeit bleibender Gast Mietrechte, wenn er bleibt und zahlt. Vorsichtshalber ließ Barretto seine Sachen im Zimmer stehen. Die Rezeption bündelte die übrigen Habseligkeiten, und das Zimmer wurde vorübergehend für neue Gäste freigegeben. Am späteren Abend kehrte er zurück, setzte sich in den Flur und begann, die Situation zu eskalieren.
Der Rechtsstreit beginnt: Vom Hotelgast zum scheinbaren Mieter
Am nächsten Morgen reichte Barretto eine Klage ein. Der Hotelbetrieb war zu diesem Zeitpunkt weniger überrascht, als man erwarten würde: Der Manager und sein Team erschienen nicht zum Prozess – offenbar hielten sie die Sache für absurd. Barretto zog allerdings vor Gericht und argumentierte, dass er gemäß einem alten, wenig bekannten Gesetz das Recht habe, als Mieter zu wohnen, wenn er längere Zeit bleibt und bezahlt. Der Fall landete vor dem städtischen Wohnungsgericht. Zu Barretos Überraschung trat der Hotelbetreiber nicht vor. Der Richter hörte Barretto geduldig zu und fiel schließlich ein erstaunliches Urteil: Er müsse unverzüglich wieder in Zimmer 1006 einziehen und der Vermieter habe ihn als langfristigen Mieter zu akzeptieren – in anderer Form: Der Hotelbetreiber müsse mit ihm einen Vertrag schließen. Von diesem Moment an wohnte Barretto im Hotel ohne formale Mietzahlungen. Da kein gültiger Mietvertrag existierte und eine Zwangsausweisung rechtlich nicht möglich war, blieb er – faktisch – der unbezahlte Bewohner des Hauses. Die Kirche der Vereinigung, Eigentümerin, blieb in einer lose, aber sprunghaft gebundenen Lage, unfähig, ihn rechtlich zu vertreiben.
Der Großbetrug: Fälschungen, die Welt des Eigentums erschüttert
Barretto unternahm 2019 einen massiven Rechtsbruch. Er täuschte das Grundbuch, ließ gefälschte Unterlagen eintragen und behauptete, der Gebäudebesitzer habe ihm das Eigentum übertragen. Ein gefälschter Eigentumsakt wurde in das Grundbuchregister geladen; er beschloss, den echten Eigentümern Briefe zu schicken und sie zum Verlassen des Hotels zu zwingen. Zudem versuchte er, die Miet- und Versorgungsrechnungen sowie die Hotel-Franchise auf seinen Namen zu übertragen. Die Eigentümer, die Kirche der Vereinigung, riefen die Justiz an. Es begann ein neuer Rechtsstreit vor dem Obersten Gericht des Bundesstaates. Im vollbesetzten Gerichtssaal gipfelte die Szene in einer Offenlegung: Kopien des gefälschten Vertrags und weiterer Dokumente wurden dem Richter vorgelegt. Barretto beharrte darauf: „Das Hotel gehört mir durch das Recht!“ Doch der Richter erklärte die Unterlagen für ungültig und bestätigte die Eigentumsrechte der ursprünglichen Besitzer. Die Behauptungen Barrettos wurden formell zurückgewiesen. Trotz des Rückschlags setzte Barretto seine Taktik fort: Er legte weitere Anträge ein, ließ neue fingierte Dokumente ins Grundbuch eintragen und suchte weiter nach Tricks, die Kontrolle über das New Yorker zu erlangen. Seine Hartnäckigkeit machte ihn in Justiz- und Behördensitzungen zu einer bekannten Figur – eine Legende in der Stadt.
Fallende Ketten: Festnahme, Anklage und eine unklar bleibende Zukunft
Anfang 2024 war der Moment gekommen, in dem die Behörden genug Beweise zusammengetragen hatten. Am Morgen klopften Polizisten an seine Tür in Zimmer 1006: „Mr. Barretto, Sie sind festgenommen wegen Betrugs und Missachtung des Gerichts.“ Barretto wehrte sich: „Irrtum! Dieses Hotel gehört mir…“ Doch die Handschellen klickten, und er wurde abgeführt. Die Staatsanwaltschaft erhob Dutzende Anklagen – von Urkundenfälschung bis zu Verstößen gegen gerichtliche Auflagen. Im Prozess behauptete Barretto stets, nichts Gesetzeswidriges getan zu haben – er habe nur die Gesetze genutzt. Die Rechtslage blieb im Zweifel: Während die Ermittlungen liefen, stuften Experten seine geistige Gesundheit als vermindert schuldfähig ein. Er wurde in eine psychiatrische Klinik gebracht, um eine Behandlung zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft ließ die Sache nicht fallen, doch der Fall ruhte, während Gutachten erstellt wurden. Was bleibt, ist eine brennende Frage: War Barretto ein wagemutiger Betrüger oder ein Mann, der die Lücken des Systems so trefflich verstand, dass er fast alles aushebeln konnte? Die Antwort liegt im Wind der Stadtgeschichte – eine Legende, die vielleicht einmal verfilmt wird, damit die Zuschauer entscheiden können, wer dieser mysteriöse Hotelgast wirklich war.