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In einer Welt, in der KI-gesteuerte Perfektion herrscht, warten Menschen stundenlang an einem blauen Tisch – fünf Dollar für ein absichtlich missglücktes Porträt

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Jacob Ryan Reno, 26 Jahre alt, zieht in Chicago eine seltsame, wunderbare Menge an. In einer Welt, in der KI-gesteuerte Perfektion und gefilterte Gesichter dominieren, wirkt Reno wie eine Gegenbewegung. Jeden Sonntag sitzt er am Logan Square Farmers Market an einem kleinen blauen Falttisch, unter einem Schild: „TERRIBLE PORTRAITS, $5“. Darunter: „5 TERRIBLE MINUTES“. Was hier geschieht, ist eindeutig außergewöhnlich: eine scheinbar schlechte Porträtzeichnung, die eine tiefe menschliche Erfahrung verspricht und eine virale Freude auslöst. Menschen reißen sich um fünf Minuten, um sich selbst in gepflegt ungeschickter Form verewigen zu lassen.

In einer Welt, in der KI-gesteuerte Perfektion herrscht, warten Menschen stundenlang an einem blauen Tisch – fünf Dollar für ein absichtlich missglücktes Porträt

Eine radikale Kunstform: Terrible Portraits als Gegenentwurf zur digitalen Perfektion

Reno’s Stand wirkt wie eine Performance: Es geht nicht nur ums Zeichnen, sondern um eine Begegnung. Vor dem blauen Tisch erklingen Jazzklänge, das Banner knistert, und eine Schlange von Besuchern bildet sich. Die Porträts sind absichtlich verzerrt: verlängerte Köpfe, strohiges Haar, Weinflaschen-Nasen, Bananenmünder. Trotzdem geht es um mehr als Technik: Es geht um Authentizität und Menschlichkeit. Und doch verweilen viele Stunden, um Teil dieser rebellischen Erfahrung zu werden.

Eine radikale Kunstform: Terrible Portraits als Gegenentwurf zur digitalen Perfektion

Wie eine schlechte Zeichnung zu echter Verbindung wird

Das Zeichnen wird zur Begegnung. Reno führt Gespräche über Leben, Beziehungen und Träume. Der Stift fängt die Persönlichkeit in einem bewusst unwahren Profil ein und macht aus einer Sitzung eine kleine Performance. Obwohl der Timer fünf Minuten anzeigt, nimmt er sich oft mehr Zeit, um die menschliche Verbindung zu pflegen. Ein besonders berührender Moment: Ein nervöses 10-jähriges Kind kommt mit fünf Dollar vom Vater, Reno warnt, dass das Ergebnis vielleicht nicht hübsch wird – und beide lachen, als das Porträt fertig ist. Aus solchen Erfahrungen wächst eine Gemeinschaft, in der Fremde zu Freunden werden.

Wie eine schlechte Zeichnung zu echter Verbindung wird

Warum er absichtlich schlecht bleibt – eine künstlerische Rebellion

Vor sieben Jahren begann alles bei einer Party der DePaul University, als er Screenwriting studierte. Aus einer einfachen Zeichenübung mit einem Freund wurde der Moment: Er zeichnete einen Freund so verzerrt, dass dieser fragte: „Ist das, wie du mich siehst?“ Dieser Gedanke blieb ihm im Gedächtnis und leitete eine Veränderung in seiner Karriere ein. Später arbeitete er als Markenstratege, doch er verließ diese Branche, weil sie nicht zu seinen Werten passte. Im Frühjahr entdeckte er das ursprüngliche, absichtlich schlechte Porträt neu und sah darin etwas „Interessantes“. Seitdem ist es eine philosophische Botschaft über Authentizität, menschliche Verbindung und den Wert der Unvollkommenheit in einer zunehmend polierten digitalen Welt. Er sagt offen: „Ich bin tatsächlich kein geschickter Porträtkünstler. Ich habe keine Absicht, besser zu werden. Im Gegenteil, ich plane, noch schlechter zu werden – ehrlich gesagt.“ Diese bewusste Mittelmäßigkeit ist kein Faulenzen, sondern ein Aufstand gegen den Druck zur ständigen Verbesserung.

Warum er absichtlich schlecht bleibt – eine künstlerische Rebellion

Von Märkten zu Feiern: Eine wachsende Gemeinschaft um menschliche Unvollkommenheit

Seit Mai tritt Reno nicht mehr nur auf dem Markt auf, sondern auch auf Hochzeiten, Geburtstagen und privaten Events. Sein Resonanzraum wächst in Berichterstattung und Lob: Washington Post, Chicago Tribune, CBC Radio; Questlove soll einen Auftrag angefragt haben; Wilco lud ihn ein, sie vor ihrem Auftritt im Salt Shed zu zeichnen. Auch Reddit Chicago feiert ihn, mit Hunderten von Upvotes und Kommentaren. Reno bietet eine willkommene Gegenreaktion auf KI-generierte Kunst und Filter; sie erinnert uns daran, wie Kunst dort beginnt, wo Menschen sich begegnen. Die schönste Kunst ist oft der Moment echter menschlicher Verbindung – auch wenn das Porträt niemandem ähnlich sieht.

Von Märkten zu Feiern: Eine wachsende Gemeinschaft um menschliche Unvollkommenheit