Das Mädchen, das zur Kirche wurde: Die Legende der Heiligen Theodora von Vasta
Nahe dem Dorf Vasta auf der Peloponnes zieht ein Ort Besucherinnen und Besucher aus nah und fern in seinen Bann. Aus dem Dach der Kirche der Heiligen Theodora ragen 17 Bäume – groß und klein – deren Wurzeln von außen und innen verborgen bleiben. Ist das ein göttliches Wunder oder ein rätselhaftes Naturphänomen? Die Szene ist eindrucksvoll und geheimnisvoll zugleich. Die Kirche wird seit fast 900 Jahren von der Natur herausgefordert, doch sie bleibt standing. Jedes Jahr am 11. September gedenkt Griechenland der Heiligen Theodora von Vasta, einer Frau, die über Generationen hinaus verehrt wird.
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Die Legende hinter der Kirche
Im Byzantinischen Reich war Wehrpflicht Pflicht: Familien mussten mindestens einen Soldaten stellen oder eine schwere Steuer zahlen. In dieser Region lebte Theodora, ein Mädchen, das sich als Mann verkleidete, um in die Armee aufgenommen zu werden. Sie kämpfte mutig und gewann Respekt, bis eine andere Frau sich in sie verliebte und sie verleumdete. Theodora stand vor zwei Wegen: Heirat oder Selbstopfer. Sie wählte den zweiten Weg. Nach einer anderen Version löste sie sich vom Weltlichen und trat als Mann in den Orden, wurde jedoch durch eine Lüge getötet. Die Erinnerung an ihr Schicksal wuchs zur Legende – und mit ihr die Vorstellung eines Ortes, an dem ihr Körper zum Tempel, die Haare zu Bäumen und das Blut zu Bächen werden sollten.
Der Preis der Wahrheit
Die Verleumdung, die Theodora traf, setzte ihr Leben aufs Spiel. Eine romantische Liebesgeschichte entzündete sich an ihr, doch sie wurde fälschlich beschuldigt und aus dem Weg geräumt. Nach der Legende gibt es zwei Lesarten: Entweder starb Theodora aufgrund der erzwungenen Heiratsabsage, oder sie verfiel dem Ruf nach einem bescheidenen Mönchsleben – doch eine Lüge führte zu ihrem Tod. So wurde ihr Schicksal zur Legende, die die Menschen am Ort in den Geschichten über Gerechtigkeit, Mut und Opferbereitschaft weitertragen.
Der Wunderort: Der Brunnen und die Bäume
Über ihrem Todeshügel entstand ein Brunnen, der als Lebensquelle gilt. Im XII. Jahrhundert wurde hier eine Kirche errichtet, um das Ereignis zu ehren. Seit Jahrhunderten wachsen 17 Bäume durch Dach und Mauern – und innen bleiben keine Wurzeln sichtbar. Manche Forscher suchten nach den Wurzeln in den Steinwänden, fanden jedoch keine. Die Bäume sind so fest verwachsen, dass sie jedes Mal nach dem Verwelken wieder neu erscheinen – stets 17.
Heute: Die Kirche als Zufluchtsort und Wunderzentrum
Die Agia Theodora liegt in einem verwilderten Tal, umgeben von dichtem Wald – ein stiller, idyllischer Ort, der jeden Besucher beeindruckt. Jedes der durch das Dach wachsenden Bäume wiegt laut Schätzungen mehr als eine Tonne und ragt über 30 Meter in die Höhe, ohne innere Altersspur zu zeigen. Unter der Kirche fließt ein noch aktiver unterirdischer Quell, der laut Legende die Bäume speist. Tausende Pilger kommen hierher: Sie zünden Kerzen, kaufen Schutzamulette und berichten von Wundern – etwa Familien, die nach dem Bad im Quell wieder Kindersegen erleben. Der Besuch lässt sich gut mit einer Wanderung verbinden: Am Ende des Pfads wartet eine kleine Zone mit Geschäften und Cafés.